Sonntag, 2. März 2008

1. - 4.3.2008 - Erste Eindruecke

Samstag
Als ich am offiziellen Abreisetag zum Fenster rausschaute überkam mich so eine Ahnung, dass heute nicht alles glatt laufen sollte.
Wartend am Gate 52 wurde meine Ahnung bestätigt: Regen, Sturmböen und ein reduzierter Flugbetrieb. Während meinem Rumsitzen konnte ich hautnah mitverfolgen, wie fremdenfeindlich Engländer sein können: Eine Engländerin hat sich lautstark geweigert, 2 Sitze neben eine farbige Frau zu sitzen! Unglaublich, da beginnt die ganze Rassenfrage ja schon in der pseudoneutralen Schweiz.
Der ursprüngliche Flug von 16.40h wurde auf 19.00h verschoben. Kurzerhand wurde der Flug auf den nächsten Tag umgebucht und mein Gepäck wieder ausgeladen und neu eingecheckt.

Sonntag
Nach einer entspannten Nacht im heimischen Bett, nahm ich am Sonntag einen zweiten Anlauf. Diesmal einen Flug früher ;-) um der möglichen Verspätung vorzubeugen. Pünktlich in London Heathrow angekommen suchte ich mir den Weg durch das Labyrinth. Am Ende der Tunnel fand ich schließlich die Departure Hall. An jeder Ecke des Flughafens wurde man mit nur einem Thema bombardiert, sogar über dem Pissoir im Männerklo und da zum Glück hinter einer Glasscheibe: „Prinz Harry zurück aus dem Krieg“. Nach so viel Regenbogenpresse war ich froh, als es dann mit 1h Verspätung weiterging nach Kapstadt. Im Flugzeug habe ich mich wunderschön eingerichtet auf meinem Fensterplatz, da erblickte ich meine Nachbarin im Gang: Eine weisse Südafrikanerin Mitte 50 und mit deutlicher Breite – dummerweise hatte sie den mittleren Platz in einer Dreierreihe. Immerhin musste ich die TV Programme nicht immer selber umschalten, das machte der Ellbogen der Nachbarin immer selbst ;-(.

Montag
Das Beste am Flug war der Anflug auf Kapstadt: Im Morgenlicht erstrahlte der Tafelberg wunderbar majestätisch.
Nach all den Einwanderungsformalitäten fand ich mich mit meiner grünen, extrem schweren Tasche am offiziellen Taxistand wieder und schwitzte bei heissen 28°C. Ein grauhaariger weisser „Täxeler“ fuhr mich dann direkt zum Tygerberg Campus, direkt vor die Tür der Elective Students Lodge. Unterwegs erzählte er mir, dass genau auf jener Strasse auf der wir fuhren, 1987 ein deutscher Arzt in seinem Mercedes Benz während Ausschreitungen auf offener Strasse gesteinigt wurde. Na das macht doch Mut! Weiter erzählte er mir von der Armut und den Drogen die ein grosses Problem hier seien. Überall seien die Schwarzen korrupt und würden Leute mit Waffen überfallen. Auf mich wirkten die Aussagen, als sehne er die Appartheit wieder herbei…

Die Lodge wird hier von ca. 40 ausländischen StudentInnen bewohnt. 60% sind Deutsch – wie zu Hause im Spital ;-). Der Rest kommt aus Belgien, Holland, England, USA und der Schweiz. Wir, Annette und ich, sind die einzigen Schweizer hier. Annette hab ich bereits kurz nach meiner Ankunft getroffen. Sie ruhte sich gerade nach ihrer harten Visite auf der plastischen Chirurgie ( volle 15min ..) aus.

Dienstag, 1. Arbeitstag
Heute war mein erster Arbeitstag. Pünktlich in Hemd, gut gebügelten Hosen und schwarzen Halbschuhen fand ich mich dann im Büro von Mariska (Mariska ist die Koordinatorin der Ausstauschstudenten) ein. Sie hat mir am Vortag versprochen, dass sie mich auf meine Station führen werde…
3 Stockwerke über ihrem Büro übergab sie mich der Sekretärin von der General Surgery und verabschiedete sich. Die Sekretärin drückte mir einen Plan in die Hand und erklärte mir den Weg: Zuerst rechts, dann links, dann wieder rechts , dann nach links und am Schluss wieder rechts… Das kann sich leider kein Schwein merken und so beschloss ich halt mein Glück zu versuchen und mich alleine durch die Gänge zu kämpfen. Unterwegs fiel mir auf, wie schlecht das Gebäude in Schuss ist: abblätternde Tapeten, rosa Wände, dreckiger Boden und düsteres Licht. Nach NUR 1maligem Fragen – nicht schlecht für den Anfang J - hab ich dann die Emergency Unit gefunden. Hinten vor dem Röntgenschirm drängten sich schon die anderen Elective Students und in der Mitte Dr. TC Hardcastle – cooler Name und ein absolut cooler Typ. Kurz vorgestellt wurde ich bereits mit Fragen zum aktuellen Patienten gelöchert: Was sehen sie hier? Was ist das? Wie könnte das entstanden sein? Mit soviel direktem Teaching habe ich überhaupt nicht gerechnet und war gerade mal sprachlos.

Die „Ward Round“ ging satte 3.5h, danach waren alle Patienten auf der Station, ICU (Intensivstation) und im Front Room (Notfall) visitiert. Zu sehen gab es schon so einiges: Schuss durch Hals, Schuss durch Bauch, 8jähriger der von seinem 12jährigen Bruder ein Messer in den Bauch bekommen hat, eine Frau mit einer Unterschenkelfraktur und Compartement – Syndrom (aufschwellen der Muskulatur des Unterschenkels mit Kompression der Nerven und Gefässe), Verbrennungspatient ect….
Um 12h war dann schon Feierabend. Die Anästhesisten sind diese Woche an einem Kongress und da wird nur in Notfällen operiert.

Den Nachmittag verbrachte ich mit Einkaufen, Auto mieten und Organisation.

1 Kommentar:

L'autre africain hat gesagt…

Tja, sie scheinen schon überall zu sein, die Schwaben. Auch in Lambarene wird das halbe Labor von ihnen bewohnt...
Ich beneide Dich allerdings um das direkte Teaching und um das offenbar funktionierende Röntgen ;-)